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Unerhört: Digitale Barrierefreiheit und Partizipation im Netz

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    Konny: Und jetzt gibt's hier eine kleine Diskussionsrunde, die von Florian Blaschke moderiert wird.
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    Er ist Blogger, Journalist und inzwischen auch Pressesprecher in einem Museum.
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    Er wird das ganze hier moderieren, euch die nächste gute halbe Stunde durchs Programm führen.
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    An seiner Seite sitzen, wir fangen glaube ich an-- wir fangen bei der Dame vorne an, bei Julia Probst,
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    Sie habe ich kennengelernt bei Twitter, als Sie angefangen hat, bei Fussballern, die auf dem Spielfeld was gesagt
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    haben Lippen zu lesen und dann zu übersetzen bei Twitter
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    Es war sehr unterhaltsam, was man da so alles gesehen hat.
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    Bei Twitter findet Ihr Sie unter @einaugenschmaus. Sie ist seit ihrer Geburt gehörlos.
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    Ausserdem in der Runde, daneben, das ist Alexander Görsdorf.
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    Er bloggt auf notquitelikebeethoven, was auch sein Twittername ist.
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    Ein bisschen länger, aber es lohnt sich auf jeden Fall Ihm zu folgen.
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    Auch er ist gehörlos, beziehungsweise, im Laufe der Jahre wurde das Hören immer schwieriger.
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    Rechts daneben sitzt dann noch Enno Park.
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    Ihn kennt man als die Ennomane. Habe ich das so richtig? Ich glaube, ja.
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    Als @ennomane bei Twitter zu lesen. Er ist jetzt seit etwa 20 Jahren auch Gehörlos.
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    Kann aber dank Cochlea Implantaten die Umwelt akustisch ein bisschen besser Wahrnehmen.
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    Er bloggt natürlich auch, neben seinem Twitter-Account, auf ennomane.de
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    Es geht um digitale Barrierefreihiet und Partizipation im Netz und vor allem
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    bei der Besetzung hier auf der Bühen: wie es ist, wenn man schlecht hört?
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    Wie nimmt man das Netz wahr? Wie kann man sich da einbringen?
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    Ich übergebe das Wort an Florian Blaschke und wünsche euch spannende 30 Minuten
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    hier auf der Bühne 5 hier auf der re:publica
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    Florian Blaschke: Dankeschön. Ich glaube, das Mikro ist nicht bereit?
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    Versteht man mich gut? Auch hinten? Gut!
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    Danke Konny für die kurze Einführung.
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    Eigentlich sitze ich hier vorn, weil man mich für Sacha Lobo gehalten hat.
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    Beziehungsweise, weil mich Alexander für Sacha Lobo gehalten hat.
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    Das ist für mich ganz gut, weil die Erwartung kann ich eh nicht erfüllen.
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    Insofern wird das hoffentlich ein ganz charmantes Ründchen hier.
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    Als ich mich die letzten zwei Tage mit dem Thema Internet und Barrierefreiheit beschäftigt habe,
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    habe ich für mich festgestellt, das Netz ist nicht barrierefrei.
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    Das Netz ist jetzt ungefähr 20 Jahre alt und habe es als Fortführung anderer Medien erlebt.
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    Das heisst, Medien wie Fernsehen, Zeitung und Radio, werden im Netz 1zu1 übertragen.
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    Da auch diese Medien vorher nicht barrierefrei gewesen sind, möchte ich einleitend in die Runde Fragen, beginnend bei Enno:
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    Was habt Ihr eigentlich erwartet vom Internet? Wie konntet Ihr überhaupt erwarten, das es barrierefrei wird?
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    Enno: Bei mir war es natürlich in erster Linie die Sache mit dem nicht hören können.
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    Da war dann die Erwartung da, ich kann plötzlich schriftlich am Sozialleben teilhaben.
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    Diese Erwartung wurde zunächst auch ganz grossartig erfüllt. Bei Dir?
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    Alexander: Sag nochmal die Frage bitte.
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    Florian: Die Frage ist, wie man vom Internet, das eine Fortführung anderer, nicht barrierefreier Medien ist, erwarten kann dass es barrierefrei sein soll?
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    Alexander: Ich denke, es ist ganz normal, dass neue Medien als Fortfühung andere gesehen werden
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    und auch so benutzt werden. Woher soll man auch wissen, wie man sie benutzen soll?
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    Jetzt mit der Zeit, wo das Medium älter wird, in vielfacher Hinsicht genutzt wird,
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    auch die technische Entwicklung weitergeht, jetzt stellt sich doch langsam raus,
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    dass man es auf ganz spezifische Weise nutzen kann.
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    Ich glaube, dass ist auch etwas, was man kaum jemandem hier im Saal nochmal extra erklären muss.
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    Und ich denke, über die spezifischen Chancen können wir gleich noch intensiver Reden.
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    Aber ich denke, wir sind in der Phase wo sich ganz besondere Nutzungspotentiale, speziell
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    für Behinderte und Schwerhörige und Ertaubte herausstellen.
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    Florian: Wie siehst Du das Julia?
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    Julia: Meine Erwartung vom Internet ist,
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    dass Untertitelungen kommen, dass auch Gebärdensprachdolmetschung über Bild verbeitet wird
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    Dass man einfach Fortschritte bei der kompletten Verbreitung des Internets über Bild, Video und Gebärdensprache macht.
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    Im Internet gibt es einfach so viele verschiedene Möglichkeiten, dass es so einfach macht, dass man es nutzen kann.
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    Es ist so einfach, einzelne Elemente noch einzubauen.
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    Florian: Trotzdem, ist immer wieder nötig, dass Du die Leute ganz penetrant darauf hinweisst,
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    dass etwas im Internet etwas schief läuft. Wer Julia auf Twitter folgt, wird feststellen,
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    dass Sie die Leute pisackt bis aufs Blut und immer wieder einfordert, dass Sachen untertitelt werden,
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    dass das Internet barrierefrei wird.
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    Wie sind da die Reaktionen, auf diese Hartnäckigkeit bei Dir?
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    Julia: Ein Ziel habe ich schon erreicht, ich habe mich beschwert, dass keine Untertitel vorhanden sind.
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    Jetzt sind sie zum Beispiel bei der Sendung Tatort da.
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    Es gibt also ein paar Schritte, aber 100% habe ich noch nicht geschafft. Aber, ich gehe voran.
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    Florian: Wird diese Hartnäckigkeit manchmal für Dich zum Problem?
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    Bekommst du negatives Feedback auf diese Hartnäckigkeit?
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    Julia: Teile sind natürlich nicht möglich. Manchmal reagieren die Leute einfach so drauf und sagen
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    es gehe einfach noch nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass die Leute auch dankbar sind.
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    Viele haben auch keine Ahnung...
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    Es ist wichtig, dass die Leute da sind und ihre Meinung sagen und Bescheid geben,
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    dass man Untertitel und Gebärdensprachdolmetscher braucht.
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    Es ist eben wichtig, dass man das sagt.
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    Florian: Jetzt seid Ihr alle drei nicht unbedingt Stellvertreter für Gehörlose oder Hörbehinderte.
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    Ihr habt alle den Vorteil, dass Ihr Euch sehr gut ausdrücken könnt.
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    Ihr bloggt, twittert oder tut beides; das auf einem sehr hohen Niveau.
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    Was eigentlich bedeutet, Teilhabe ist nur möglich, wenn eine sprachliche Bildung erfolgt.
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    Ausserhalb davon, dass es auch eine intellektuelle Bildung braucht. Vor allem die sprachliche Ausdrucksfähigkeit muss da sein .
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    Wie wichtig ist das und was ist da noch für ein Nachholbedarf?
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    Ganz großes Problem und ganz große Schwierigkeit
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    weil man diesen Nachholbedarf nicht definieren kann. Es heißt ja immer so schön
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    "On the Internet, nobody knows you're a dog" und wir können da alle so Sachen reinschreiben
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    und wenn wir irgendeine Behinderung oder sonstige Nachteile haben
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    wird das nicht wirklich wahrgenommen. Das Problem ist
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    halt, dass gehörlos aufwachsende Menschen sehr sehr häufig, im Gegensatz zu Julia
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    Probleme mit der Schriftsprache haben
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    dann denken die Leute so beim Lesen eines Forenbeitrages warum
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    schreibt der so komisch und dann setzen sich die
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    Ausgrenzungsmechanismen im Netz eben doch wieder fort
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    das ist ein Problem an dem viele gerade knabbern
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    wie sich das denn nun verbessern ließe
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    Florian: Mein Mikro hat ne Störung, tut mir leid
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    Ähm, wie erlebst Du das mit der sprachlichen Bildung? Gerade
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    bei Dir ist es ja so Du bist ja so, Du bist ja auch noch Soziologe das heißt Du hast
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    einen wissenschaftlichen Blick vielleicht auf dieses Phänomen
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    Also-- die
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    die Bedeutung von Schrift und schriftlichem Ausdruck
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    ist ne ganz interessante Sache, die man gerade
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    an dem Beispiel Hörprobleme nochmal hervorheben kann
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    Wie Enno sagte, es gibt diese Vorstellung, dass
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    das Internet der große Revolutionär ist, der
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    die Gesellschaft umkrempelt, weil es einfach
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    unglaublich viel Potential birgt
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    das ist auch so, ganz ohne Zweifel
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    wenn man sich mal anschaut wie sich die
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    Landschaft der Medienöffentlichkeit geändert hat
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    was da alles für neue Stimmen
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    dazugekommen sind, die es vorher nicht gab und die
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    es auch früher in den Strukturen von, sagen wir den 1980ern, nicht hätte geben können
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    unsere Stimmen zum Beispiel.
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    Aber gleichzeitig ist es auch wichtig zu gucken
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    diese Vielfalt an Partizipationsmöglichkeiten
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    wie ist die denn strukturiert, wen schließt die denn wiederum aus und dann stößt man nämlich
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    auf dieses Fakt oder auf diesen Umstand
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    dass es eben doch bestimmte Dinge gibt, die man
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    die man tun oder können muss, um sich bekannt zu machen, um aufzufallen
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    um sich durchzusetzen. Und eines davon ist eben diese Schriftstprachekompetenz
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    Das betrifft natürlich nicht nur Gehörlose, sondern auch
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    ne ganze Reihe von anderen Personen
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    und deswegen ist das finde ich ein wichtiger Punkt,
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    den es festzuhalten gilt.
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    Wir drei, würde ich jetzt einfach mal sagen,
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    sind gewissermaßen als Wortartisten hochgespült worden.
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    Das ist, wenn man so will, ein Zufall.
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    Wenn wir nicht hätten schreiben können oder wenn das Netz irgendwie anders struturiert wäre
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    dass es diese Art zu schreiben nicht in dem Moment
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    in dem wir kamen, auch noch honoriert hätte,
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    dann wäre das sicherlich nicht so gewesen.
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    Es gibt ja viele Unterhaltungen darüber
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    ob es jetzt zu einem Blogsterben kommt, zu einer Verlagerung
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    der Diskussion in viel kürzere Medien oder visuelle Medien,
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    Stichwort pinterest.
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    Da kann man schon Fragen haben
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    Zum einen ob das, diese Schriftbasiertheit des Phänomens Gehörlosen- oder Schwerhörigenblogger
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    ob das nicht was ist, was einerseits
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    auf die Kompetenz hinweist, die Schriftsprache
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    und andererseits auf so einen historisch vorübergehenden Moment
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    Ist das in 5 Jahrene auch noch wichtig?
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    Ich weiß es nicht, vielleicht gibt es dann ganz andere Möglichkeiten
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    mit denen man sich nach oben spülen kann.
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    Sicher ist aber, dass es auch dafür wieder Ausschlussmechanismen gibt
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    und Dinge, die man können muss
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    die man lernen muss und bei denen es auch wichtig wäre, dass die vermittelt werden
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    wenn man so etwas vorantreiben möchte wie Partizipation von benachteiligten Gruppen
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    Julia: Ein großes Problem ist auch, dass gehörlose Kinder
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    wenn sie in die Schule kommen
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    dürfen nicht in Gebärdensprache unterrichtet werden
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    denn Lehrer dort müssen die Gebärdensprache nicht können
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    aber in der Universität Berlin z.B. ist es Vorschrift,
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    da muss man Gebärdensprache abgeschlossen haben um zu unterrichten
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    Aber es gibt zum Beispiel in Köln oder in München keine Vorschrift
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    dass Lehrer, die Kinder unterrichten, auch Gebärdensprache können müssen.
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    Da haben sie natürlich ein Problem, die deutsche Sprache zu lernen wenn
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    der Unterricht nur mit Mundablesen funktioniert.
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    Ich bin gehörlos, ja. Aber ich bin auf eine hörende Schule gegangen.
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    Das war ein Vorteil, dass ich mich sprachlich so entwickelt hab.
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    In dieser Hinsicht haben aber nicht alle Kinder.
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    Man braucht einfach dafür Gebärdensprache, dass man das schafft.
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    Florian: Obwohl ich behaupten würde, dass das Problem der Teilhabe
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    unter bestimmten Voraussetzungen, in dem Fall, dass man sich sprachlich
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    gut ausdrücken kann, kein Problem von Menschen mit Behinderungen ist.
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    Mir ist das gestern aufgefallen als ich drüber nachgedacht hab
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    es gibt ein schönes Beispiel aus dem Alltag, das wir alle kennen:
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    Man geht in die Oper, es ist ne italienische Oper und -- sie wird übertitelt
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    Wenn ich kein Italienisch kann und ich die Untertitel nicht hätte
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    wäre ich also behindert
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    Und könnte nicht teilhaben. Das heißt, es gibt
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    Das heißt, es gibt einen Moment, der ganz alltäglich ist
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    wo untertitelt oder übertitelt wird
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    aber der hat nichts mit dem was wir unter klassischer Behinderung verstehen zu tun.
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    Das heißt, im Prinzip ist doch diese ganz Politik, die
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    sich mit Inklusion und Barrierefreiheit beschäftigt,
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    die darf doch keine Behindertenpolitik sein.
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    Wäre meine These. Man muss doch da das Bewußtsein ändern.
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    Enno: Ganz genauso ist es.
  • 13:40 - 13:47
    Ähm.. Julia hatte auch mal die Forderung.. ähm.. viel mehr Sendungen müssten untertitelt werden.
  • 13:47 - 13:52
    Zumindest im öffentlichen Rundfunk wo wir halt zwangsweise Gebühren zahlen.
  • 13:52 - 13:57
    Ich glaube, die Quote ist jetzt bei 12%, das ist viel viel zu wenig.
  • 13:57 - 14:00
    Ich gehe aber viel weiter: ich möchte nicht nur,
  • 14:00 - 14:06
    dass im deutschen Fernsehen Sendungen untertitelt werden für gehörlose und schwerhörige Menschen.
  • 14:06 - 14:13
    Ich möchte.. ahm.. ich denk jetzt mal einfach so ein bisschen visionärer, eine EU-Richtlinie haben
  • 14:13 - 14:18
    die sämtliche Fernsehsender der EU einer bestimmten Grösse verpflichtet,
  • 14:18 - 14:22
    per Videotext Untertitel in allen wichtigen EU-Sprachen auszustrahlen
  • 14:22 - 14:31
    um eben z.B. nicht nur konkrekt Hörgeschädigten zu helfen, sondern auch.. öh.. einem Dänen zu ermöglichen,
  • 14:31 - 14:35
    mit dänischem Untertitel eine interessante Sendung im italienischen Fernsehen zu schauen oder derleien.
  • 14:35 - 14:44
    Ein ähnliches Gesetz gibt es in den USA, die es etwas einfacher haben damit, weil sie nur Englisch brauchen
  • 14:44 - 14:50
    Aber, es hat sehr positive Auswirkungen die Immigranten auf die Alphabetisierungsrate und so weiter.
  • 14:54 - 15:00
    Alexander: Ich denke es gibt zwei Dinge die es da zu unterscheiden und gleichzeitig voranzutreiben gibt:
  • 15:00 - 15:01
  • 15:01 - 15:07
    Das eine ist, ne sehr zielgerichtete, wenn man so will, Klientelpolitik,
  • 15:07 - 15:10
    wo es einfach draum geht, Missstände möglichst zu beheben.
  • 15:10 - 15:16
    Wie man sagen kann.. ähm.. wenn jetzt hier kein Gebärdensprachdolemtscher vorhanden wäre,
  • 15:16 - 15:25
    dann ist das ein Problem für Gehörlose. Das ist ein Ding, was man angehen muss.
  • 15:25 - 15:31
    Man kann sich aber auch diesen anderen Blickwinkel zulegen, der mehr in Richtung Diversity geht,
  • 15:31 - 15:35
    wo man sagt: Na ja, es gibt nicht nur eine Klientel, nicht nur eine Gruppe von Behinderten,
  • 15:35 - 15:40
    sondern es gibt ganz viele Gruppen von Behinderten und zusätzlich noch Einwanderer,
  • 15:40 - 15:46
    Leute die der Sprache nicht mächtig sind, die es alle zu berücksichtigen gilt.
  • 15:46 - 15:52
    Und dann ist man bei so einem Ansatz, der jede einzelne Klientel relativiert.
  • 15:52 - 15:55
    Und das ist manchmal relativ schwierig zusammenzukriegen.
  • 15:55 - 16:01
    Ich denke, es kommt darauf an, dass man nicht das eine gegenüber dem anderen vernachlässigt.
  • 16:01 - 16:07
    Weil,Diversity und der Ansatz, möglichst allumfassende Inklusion hinzukriegen,
  • 16:07 - 16:12
    dass ist natürlich der weiterführende Ansatz. Das ist der, von der Gesellschaft die wir gerne wollen,
  • 16:13 - 16:15
    möglichst in 10 Jahren, oder so etwas.
  • 16:15 - 16:19
    Aber gleichzeitig gibt dies die Möglichkeit, sich aus der Verantwortung zu stehlen,
  • 16:19 - 16:25
    weil eben der Fokus nicht mehr auf benennbare einzelne Klientel gerichtet ist.
  • 16:25 - 16:28
    Das heisst, man braucht auf jeden Fall beides.. äh.. denke ich.
  • 16:28 - 16:35
    Man braucht zum einem diese Planungs-Design-Überlegung, wie kann man Institutionen, wie kann man Rundfunk,
  • 16:35 - 16:39
    wie kann man Medien so einrichten, dass eine sehr diverse Zielgruppe..
  • 16:39 - 16:46
    also eine die, von denen manche nicht hören, von denen manche nicht sehen, von denen manche.. äh.. Tastatur
  • 16:46 - 16:49
    nicht bedienen können, von denen manche, was auch immer, Sprachkenntnisse fehlen.
  • 16:49 - 16:56
    Das sind in Planungsüberlegungen berücksichtigen, aber gleichzeitig, es nicht vernachlässigen
  • 16:56 - 17:00
    unmittelbare kleinere Massnahmen zu treffen, die ganz spezifische Zielgruppen betreffen.
  • 17:00 - 17:07
    Weil sonst führt das eben dazu, dass sich Leute und Institutionen aus der Verantwortung stehlen können.
  • 17:07 - 17:14
    Florian: Jetzt bist Du, Julia, diejenige die gerade über Twitter ganz viel Kontakt hat zu Fernsehsendern, zu Medien.
  • 17:14 - 17:19
    Ich habe vorhin gesagt, Du pisackst die. Was bekommst Du für Antworten?
  • 17:19 - 17:24
    Was werden da für Gründe genannt, warum Barrierefreiheit angeblich noch nicht möglich ist?
  • 17:26 - 17:30
    Julia: Also, viele sind dankbar für das Feedback.
  • 17:31 - 17:38
    Das Problem ist, die eine Hand weiß oft nicht was die andere tut.
  • 17:38 - 17:50
    z.B. auf DVD's gibt es ja immer Untertitel und die kann man aber nicht einfach im Fernsehen übernehmen,
  • 17:50 - 17:54
    wenn der Film ausgesendet wird.
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    Es sind immer so einzelne Stationen, also irgendwie wird hier was verbessert und da was verbessert.
  • 18:00 - 18:03
    Aber, es muss eben zusammengearbeitet werden.
  • 18:04 - 18:13
    In der Politik ist auch das Problem-- da muss man eigentlich selber behindert sein, damit da was bewegt wird.
  • 18:16 - 18:30
    Für nicht Behinderte ist es oft nicht so selbstverständlich, dass diese Themen bearbeitet werden.
  • 18:30 - 18:37
    Denn es fällt einfach mehr auf, wenn man selbst betroffen ist und solang man nicht betroffen ist
  • 18:37 - 18:42
    und wenn in der Politik eben keine Betroffenen sind, dann ist es sehr schwierig.
  • 18:42 - 18:47
    Im Fernsehen z.B. gibt's sehr unterschieldiche Situationen.
  • 18:47 - 18:56
    Also in Ägypten, beispielsweise, beim Welttag, da wurden Gebärdensprache- und Schriftdolmetscher
  • 18:56 - 19:00
    im Fernsehen eingesetzt.
  • 19:00 - 19:04
    Und da denke ich mir, wenn ich jetzt Deutschland mit Ägypten vergleiche,
  • 19:04 - 19:10
    Deutschland ist eigentlich ein Industirestaat und wir haben aber immer noch nur 14 bis 18% Untertitel,
  • 19:10 - 19:16
    wie kann das sein, dass in einem Land wie Ägypten das automatisch eingesetzt wird und in Deutschland nicht?
  • 19:16 - 19:21
    Florian: Jetzt hast du persönlich den Vorteil, dass du Lippenlesen kannst.
  • 19:21 - 19:26
    Hast du schon mal das Feedback bekommen, dass ja gerade durch diese Fähigkeit des Lippenlesens
  • 19:26 - 19:32
    eigentlich so was wie Untertitel für Dich gar nicht mehr nötig sind? Weil, du verstehst ja die Menschen.
  • 19:32 - 19:38
    Julia: Ja ja, die Leute haben mich oft schon gefragt, was beschwerst Du Dich?
  • 19:38 - 19:41
    Du kannst doch so toll Lippen ablesen.
  • 19:41 - 19:50
    Dann habe ich gesagt: Moment! Deutschland hat 80'000 Gehörlose und 16 Millionen Schwerhörige
  • 19:50 - 20:00
    und ich bin mir selber klar, dass nicht alle so super toll Absehen können.
  • 20:00 - 20:03
    Florian: Wir haben uns Gestern...
  • 20:03 - 20:07
    Alexander: Dazu vielleicht ein ganz kleiner Nachsatz,
  • 20:07 - 20:11
    weil das so gut an dieses Thema mit der Schriftspracheinkompetenz anschliesst, von Anfang an.
  • 20:11 - 20:20
    Diese drei Fälle, die hier auf der Bühne sitzen, gewissermassen, die sind, denke ich, dadurch entstanden,
  • 20:20 - 20:26
    dass bestimmte Dinge gut gekonnt werden. Schreiben, Lippenlesen, was auch immer und das birgt irgendwie,
  • 20:26 - 20:34
    hinterrücks in sich die Gefahr, dass man als unbedarfter Leser, als unbedarfter Zuschauer natürlich denkt:
  • 20:34 - 20:41
    Aha, so sind also Schwerhörige, so sind also Gehörlose. Die können alle super gut Lippenlesen.
  • 20:41 - 20:47
    Das führt zu lustigen Effekten, dass sich dann Leute auf einmal nicht trauen, frei zu sprechen,
  • 20:47 - 20:52
    wenn Lippen lesende Menschen im Raum sind. Was auch ein bisschen übertrieben ist.
  • 20:52 - 20:57
    Das hat aber auch die Kehrseite, dass es natürlich unter Schwerhörigen und Gehörlosen,
  • 20:57 - 21:01
    genauso wie in jeder X-beliebigen Gruppe, sone und solche gibt.
  • 21:01 - 21:07
    Das heisst, es gibt Leute die können nicht Lippen lesen oder nicht gut. Es gibt eben auch Leute,
  • 21:07 - 21:10
    die können nicht schreiben, es gibt Leute die können nicht beobachten.
  • 21:10 - 21:15
    Die haben nicht diese sprichwörtliche Beobachtungsgabe von Menschen, die nicht hören können,
  • 21:15 - 21:19
    und das obwohl sie nicht hören können.
  • 21:19 - 21:23
    Das ist so eine zweispal.. zwiespaltige Sache... zweischneidige Sache,
  • 21:23 - 21:29
    dass man sich einerseits in den Vordergrund auch stellt, bewusst, mit den Fähigkeiten die man hat.
  • 21:29 - 21:35
    Aber andererseits dann eben Gefahr läuft ein Bild zu erzeugen, was falsche Erwartungen weckt.
  • 21:35 - 21:40
    Enno: Ja, es ist ähm.. vor dem Hintergrund ein ganz wichtiger Gedanke
  • 21:40 - 21:46
    Wir tendieren ganz stark dazu die Menschen zu separieren.
  • 21:46 - 21:50
    So wie im dreigliedrigen Schulsystem, wie wir die Kinder sortieren,
  • 21:50 - 21:53
    sortieren wir dann auch die behinderten Kinder ganz schnell weg.
  • 21:53 - 21:58
    Die können dann ihre Talente nicht wirklich ausleben, die werden nicht wahrgenommen.
  • 21:58 - 22:01
    Die leben am besten noch wohlbehütet und gepampert.
  • 22:01 - 22:07
    Aber dann trotzdem nicht ohne Teilhabe an der Gesellschaft in irgendwelchen Wohngruppen und
  • 22:07 - 22:11
    da hilft die technische Lösung einfach nicht weiter.
  • 22:11 - 22:18
    Ich habe jetzt in meinem Fall ein Cochlea Implantat, nach 20 Jahren nahe zur Gehörlosigkeit,
  • 22:18 - 22:23
    bin ich jetzt so gut wie normalhörend. Ich sage immer so: Ich bin jetzt die 99%.
  • 22:23 - 22:31
    Aber das ist nur bei Menschen wie mir möglich, weil ich als Jugendlicher, halt schon mal ein normales
  • 22:31 - 22:34
    Gehör hatte und mein Gehirn darauf vorbereitet war.
  • 22:34 - 22:39
    Aber die technische Lösung wird nie perfekt sein. Wir werden immer die menschliche Lösung brauchen.
  • 22:39 - 22:45
    Die menschliche Lösung wird auch nie heissen, dass wir die Verantwortung abschieben können an den Staat.
  • 22:45 - 22:49
    der wird schon bezahlen, der wird schon organisieren.
  • 22:49 - 22:53
    Sondern, dass das immer eine Frage unseres Miteinanders, hier jetzt vor Ort, ist.
  • 22:53 - 22:58
    Und, das allererste was wir wirklich tun müssen ist, aufhören die Menschen weg zu sortieren.
  • 22:58 - 23:04
    Ich mein', gerade bei Julia, der Punkt von Geburt an gehörlos,
  • 23:04 - 23:09
    eigentlich prädestiniert für eine Karriere, die dann eher unglücklich verläuft.
  • 23:09 - 23:14
    Hatte das grosse Glück, als Kind ein paar Jahre dann doch in der Regelschule zu sein,
  • 23:14 - 23:17
    was Ihr unheimlich viel geholfen hat.
  • 23:17 - 23:23
    In die Richtung muss es gehen und ich glaube, dann würden wir schon mal einen dicken Stein ins Rollen bringen,
  • 23:23 - 23:25
    was gesamtgesellschaftliche Inklusion betrifft,
  • 23:25 - 23:32
    ohne darüber zu streiten wo wir jetzt im Detail Rampen einbauen müssen oder wo welches Hörgerät
  • 23:32 - 23:35
    jetzt noch wie viel Zuzahlung braucht.
  • 23:35 - 23:38
    Weil wir uns in diesen Detailstreitigkeiten fürchterlich verzetteln und dabei,
  • 23:38 - 23:40
    das grosse Ganze aus dem Blick verlieren.
  • 23:40 - 23:48
  • 23:48 - 23:55
    Julia: Ich glaube, wir habe da bisschen unterschiedliche Meinungen
  • 23:55 - 24:02
    (Da muss man drüber diskutieren. Meine Meinung ist einfach:) Man kann nicht einfach sagen, dass gehörlose Kinder
  • 24:02 - 24:08
    schon im Alter von Monaten ein CI bekommen
  • 24:08 - 24:13
    Die Eltern stehen oft ja vor der Entscheidung ,soll mein Kind jetzt ein CI bekommen mit 8 Monaten oder nicht?
  • 24:18 - 24:22
    Wichtig ist, dass die Gesellschaft sagt, egal ob das Kind jetzt ein CI hat oder nicht,
  • 24:22 - 24:26
    trotzdem wird es entsprechend gefördert, ob mit CI oder ohne CI.
  • 24:26 - 24:32
    Die Eltern sollen nicht gezwungen werden, dass das Kind unbedingt mit 8 Monaten dieses CI braucht.
  • 24:32 - 24:38
    Bei mir steht auf dem T-Shirt: Ich liebe Barrierefreiheit.
  • 24:38 - 24:47
    Ich meine jetzt nicht komplett Barrierefreiheit... das wird sowieso nicht klappen.
  • 24:47 - 24:59
    Mein Wunsch ist einfach, dass Barrierefreiheit wirklich eine Selbstverständlichkeit wird im Leben.
  • 24:59 - 25:04
    Dass es z.B. beim Fernsehen einschalten Untertitel gibt.
  • 25:04 - 25:11
    Oder, dass ich Polizei und Krankenwagen rufen kann. Wie soll ich das heute machen?
  • 25:11 - 25:14
    Ich kann das heute nicht machen! Das muss selbstverständlich sein.
  • 25:14 - 25:17
    In anderen Ländern ist es schon selbstverständlich, aber bei uns nicht.
  • 25:17 - 25:28
    Die Innenminister oder die ganzen Minister, haben dann die Aktionspläne auf die Agenda gesetzt,
  • 25:28 - 25:33
    wie man das ganze umsetzt, aber zur tatsächlichen Umsetzung kommt es im Moment nicht.
  • 25:33 - 25:36
    Florian: Ich habe auch das Gefühl, dass es vielleicht auch daran liegt,
  • 25:36 - 25:39
    dass dieses Thema immer noch in so einer Nische verschwindet.
  • 25:39 - 25:42
    Als wir uns gestern Abend unterhalten haben, habe ich dieses Beispiel gebracht, dass es eine..
  • 25:42 - 25:48
    ich meine es wäre die Heute Sendung gewesen, die dann auf einem bestimmten Sendeplatz, so zu sagen,
  • 25:48 - 25:52
    nochmal mit Gebärdendolmetscher verschiwndet. So bisschen als... da wird es hingeschoben,
  • 25:52 - 25:55
    auf einen Sonderplatz. Das ist so mein Eindruck.
  • 25:55 - 25:58
    Das wird so in eine exotische... ähm... Hauptsache nicht Hauptprogramm
  • 25:58 - 26:02
    und Hauptsache nicht gross diskutiert-- Ecke geschoben. Ist der Eindruck richtig?
  • 26:02 - 26:07
    Alexander: Ehm ja, das ist so und das ist deswegen so,
  • 26:07 - 26:13
    weil über Barrierefreiheit im Sinne von Reparaturmassnahmen nachgedacht wird.
  • 26:13 - 26:18
    Also, es gibt irgend einen Status Quo, irgend ein Problem taucht auf, dann überlegt man sich,
  • 26:18 - 26:21
    was kann man da machen? Ehm.. reparieren!
  • 26:21 - 26:25
    Aber das Ding ist, dabei ist man nur am reagieren, nicht am agieren.
  • 26:25 - 26:30
    So entstehen dann solche, etwas eigentümliche anmutende Lösungen,
  • 26:30 - 26:35
    wie eine Gehörlosen-Sendung zwischen 10 und 11, freitags, morgens.
  • 26:35 - 26:43
    Und das geht in die Richtung, wie denkt man überhaupt über so ein Problem nach?
  • 26:43 - 26:48
    Wie Barrierefreiheit, die Unterschiedlichkeit der Menschen, die alle unterschiedliche Bedürfnisse haben
  • 26:48 - 26:53
    um an bestimmten gesellschaftlichen Bereichen teil zu haben.
  • 26:53 - 27:00
    Macht man das so reaktiv, je nachdem was gerade aufkommt, gibt es gerade jemanden wie Julia,
  • 27:00 - 27:07
    die gerade jetzt diese und jene Person nervt, die dann reagiert und irgend eine Flickenlösung produziert
  • 27:07 - 27:14
    oder versucht man, schafft man es überhaupt, so was wie ein breiteres Umdenken,
  • 27:14 - 27:18
    ein planvolleres Umdenken hinzukriegen.
  • 27:18 - 27:22
    Ich fände das sehr wünschenswert, ich bin aber auch sehr skeptisch ob so was überhaupt geht.
  • 27:22 - 27:27
    Und andererseits, ob es überhaupt wünschenswert wäre, dass es so eine zentrale Planungsinstanz gibt?
  • 27:27 - 27:34
    Dass hat ja auch was für sich, dass es eben keine zentrale Planungsinstanz gibt,
  • 27:34 - 27:37
    die dann auch Fehlentscheidungen treffen kann.
  • 27:37 - 27:41
    Also das heisst, Flickenlösung, Ja. Muss man zu einem gewissen Grad mit leben.
  • 27:41 - 27:50
    Aber, das Bemühen geht dahin, aktiv und vor allem proaktiv Institutionen und Organisationen so anzulegen,
  • 27:50 - 27:54
    dass es nicht zu so was kommen muss.
  • 27:57 - 28:03
    Julia: Wir haben ja in Deutschland eigentlich ein Antidiskiminierungsgesetz,
  • 28:03 - 28:10
    aber ich habe das Gefühl, dass es nur Makeup ist. Ich denke, es wäre wichtig,
  • 28:10 - 28:19
    dass es z.B. auf ARD und ZDF selbstverständlich ist, dass Gebärdensprache eingesetzt wird.
  • 28:19 - 28:33
    Also, die Öffentlichkeit muss einfach.. da muss es selbstverständlich sein, in der Öffentlichkeit.
  • 28:33 - 28:44
    Ja, es sollten sich einfach mehr mit dem Thema Behinderung beschäftigen.
  • 28:44 - 28:53
    Das Kinder behindert sind mit Kinder die nicht behindert sind, gemeinsam in die Schule gehen,
  • 28:53 - 29:03
    gemeinsam aufwachsen, dass wirkliche Inklusion umgesetzt wird, bis sie dann auch erwachsen sind.
  • 29:03 - 29:10
    Das Fernsehen muss einfach sein, dass das selbstverständlich ist für alle in der Gesellschaft
  • 29:10 - 29:12
    und es sollte unser aller Fernsehen sein.
  • 29:12 - 29:17
    Florian: Ehm.. ich finde zumindest, dass auf der re:publica, Gebärdensprachdolmetscher inzwischen
  • 29:17 - 29:20
    fast schon selbstverständlich sind, ist zumindest ein Anfang dafür.
  • 29:20 - 29:24
    Da die viel zu kurze halbe Stunde schon um ist, würde ich ganz gerne noch die Gelegenheit geben,
  • 29:24 - 29:29
    für euch, Fragen zu stellen. Ehm.. wir haben zumindest noch 10 Minuten viertel Stündchen.. ehm..
  • 29:29 - 29:32
    Konny wird gerne die Fragerunde übernehmen.
  • 29:32 - 29:37
    Wenn ihr also an einen der dreien noch Fragen stellen möchtet, gerne jetzt.
  • 29:37 - 29:43
  • 29:43 - 29:50
    Konny: Wer war?.. Vorne Rechts?.. Ah hier.. Da komme ich doch.. Ich gebe mal weiter..
  • 29:50 - 29:53
    Frage aus dem Publikum (weiblich): Ja, ehm.. ich würde gerne fragen:
  • 29:53 - 29:59
    wie weit euch das Internet hilft, Euch auch untereinander zu vernetzen?
  • 29:59 - 30:02
    Also, in wie weit ihr das Internet als Kommunikationsmedium benutzt,
  • 30:02 - 30:05
    um euch zu organisieren und es durchzusetzen?
  • 30:05 - 30:09
    Alexander: Dass ist eine ganz wichtige Frage. Ich finde es toll, dass Sie das gefragt haben.
  • 30:09 - 30:17
    Ich finde.. das Besondere, was das Internet und die Social-Media geschafft haben
  • 30:17 - 30:24
    oder was wir auf diesen Wegen geschafft haben, ist die Art wie Kontakte geknüpft werden
  • 30:24 - 30:28
    und wie man sich in eine menschliche Gemeinschaft einbringt.
  • 30:28 - 30:31
    In gewisser Masse, vom Kopf auf die Füsse zu stellen.
  • 30:31 - 30:36
    Denn wenn man sich mal, sagen wir jetzt mal, die 80iger Jahre vorstellt, ein etwas unglücklicher
  • 30:36 - 30:43
    Schwerhöriger, der irgendwo auf dem platten Land auf dem Dorf sitzt und nicht so richtig klarkommt.
  • 30:43 - 30:47
    und auch nicht so richtig weiss wohin mit sich oder wie er die Probleme angehen soll.
  • 30:47 - 30:52
    Alles ist so diffus.. ehm.. der hatte nicht viele Möglichkeiten.
  • 30:52 - 30:55
    Der hatte vielleicht noch die Möglichkeit eine Selbsthilfegruppe irgendwo zu finden,
  • 30:55 - 30:59
    gleichgesinnte Menschen oder Menschen die vom selben Schicksal betroffen sind
  • 30:59 - 31:05
    und es steht an erster Stelle die Behinderung oder das Problem und darüber werden dann
  • 31:05 - 31:10
    Menschen gesucht oder gefunden mit denen man sich treffen und austauschen kann.
  • 31:10 - 31:18
    Dann sitzt man mit denen in Räumen, ist auf sie angewiesen, es gibt Gruppeneffekte, das ist schon ganz nett.
  • 31:18 - 31:25
    Aber das Grosse Tolle Neuartige, was das Internet macht, ist eben, diese Beziehung umzugehen
  • 31:25 - 31:31
    Es geht nicht mehr in erster Linie darum, wer hat das gleiche Problem wie ich?
  • 31:31 - 31:34
    Mit wem kann ich mich da unterhalten?
  • 31:34 - 31:37
    Sondern, man kann einfach seinen Interessen folgen.
  • 31:37 - 31:44
    "Nobody knows you're a dog on the internet" dieser Spruch ist zwiespältig.
  • 31:44 - 31:47
    Wir haben vorhin über diese Schriftsprachenversierung gesprochen.
  • 31:47 - 31:53
    Andererseits ist es wirklich so, dass man die Möglichkeit hat, schreibend, publizierend, sich mitteilend
  • 31:53 - 32:01
    und eben lesend seinen Interessen zu folgen und darüber dann in Gruppenbindungen einzutreten.
  • 32:01 - 32:05
    Und dass ist wirklich nicht zu unterschätzen.
  • 32:05 - 32:08
    Das ist vom Kopf auf die Füsse und es ist eine Form von Sozialität, die da entsteht,
  • 32:08 - 32:10
    die mit Behinderung erst mal nichts zu tun hat.
  • 32:10 - 32:13
    Das ist ganz ganz wichtig, denke ich.
  • 32:13 - 32:19
    Julia: Wollte nur sagen, mach bißchen kürzer! Alexander: Okay
  • 32:21 - 32:31
Title:
Unerhört: Digitale Barrierefreiheit und Partizipation im Netz
Description:

Diskutiert wird die Bedeutung der Digitalisierung für die gesellschaftliche Partizipation Behinderter und die Schubkraft digitaler/sozialer Medien auf dem Weg zu einer barrierefreieren Gesellschaft — zugespitzt auf das Beispiel der Schwerhörigkeit und Gehörlosigkeit. Es unterhalten sich drei, die sich die Mittel der digitalen Gesellschaft einfach genommen haben um sie zu verbessern: @einaugenschmaus, die Ennomane und Herr Not quite like Beethoven.

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Video Language:
German
Duration:
32:35

German subtitles

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